Der Lehrer als Autoritätsperson
Welcher Lehrer war es bei Ihnen? Erinnern Sie sich?
Bei mir waren es Herr Häussler, Herr Schröder und Frau Zauner. Was sie sagten war Gesetz. Sie waren verbindlich, ohne unfehlbar zu sein, konsequent ohne Despoten zu sein – und sie übernahmen Verantwortung ohne uns zur Unmündigkeit zu erziehen.
Autorität in der Schule
Nähert man sich dem Thema Autorität in der Schule, muss zunächst die Begriffsfrage geklärt werden. Die heutzutage wohl bedeutendste Definition, weil auch einfach auf den Schulalltag zu übertragen, spricht von der […] Befugnis, auf andere Menschen positiv oder negativ einzuwirken, das heißt Autorität ermöglicht Menschen sozialen Einfluss auf Personen oder Gruppen zu nehmen […].
Lehrer mit Autorität ≠ autoritäre Lehrer
Wer nun aber „Lehrkräfte mit Autorität“ mit „autoritären Lehrern“ gleichsetzt, begeht einen kapitalen Fehler: Lehrer mit Autorität müssen ihr Können nicht ständig unter Beweis stellen. Sie haben bereits bewiesen, dass sie gut rechnen, tiefer gehende Kenntnisse in der Literatur oder ausgezeichnete sportliche Fähigkeiten besitzen. Von ihnen lässt man sich gerne etwas sagen. Entscheidungen von solchen Lehrern werden als gerecht und angemessen empfunden und akzeptiert.
Autoritäre Lehrkräfte dagegen fehlt es an Selbstbewusstsein. Sie fordern unbedingten Gehorsam und ihre Handlungen sollen als ein Signal der Macht verstanden werden. Strenge Regeln werden aufgestellt, die nicht hinterfragt werden sollen. Entscheidungen fehlt oftmals das Augenmaß, Regelverstöße führen zu harten Strafen.
Warum ist Autorität für Schüler so wichtig?
Zur persönlichen Reife der Heranwachsenden gehört nun auch einmal, die Autoritäten herauszufordern. Durch ein klares Grenzen setzen kann der Lehrer die Schüler wieder in sichere Bahnen lenken und damit an den nötigen Respekt und an Regeln erinnern. Gerade in der Pubertät ergeben sich vielfältige Situationen, aus denen die Schüler Orientierung für ihr späteres Leben erhalten können.
Heutzutage fehlt es oft an Grenzen, die die jungen Menschen im Elternhaus erfahren. Umso wichtiger sind von den Lehrkräften gesetzte Leitplanken. Lehrern, die Autorität ausstrahlen, geht es nicht um die Liebe ihrer Schützlinge. Sie wollen ihre Schüler nicht in der Pause mit ‚High Five‘ begrüßen. Sollen sie auch gar nicht. Stattdessen sind sie verbindliche, erwachsene Respektspersonen. Jedoch nicht Kraft ihres Amtes – vielmehr wird ihnen dieser Titel durch die Heranreifenden zugesprochen, immer und immer wieder. Doch die Autorität kann ein flüchtiges Gut sein: Nicht zuletzt Referendare können ein Lied davon singen, wie schwer es ist, verloren gegangene Autorität wieder zurück zu erlangen.
Überall dort wo Autorität fehlt, sind die Folgen dramatisch. Fehlt den Schülern die nötige Begleitung in Ihrer Reife, macht sich schnell Verunsicherung breit. Dies kann in jungen Jahren ein Synonym für eine geringe Frustrationstoleranz, Respektlosigkeit oder gar Verhaltensauffälligkeiten sein.
Doch auch die Lehrkräfte sind vor den Folgen nicht gefeit. Autoritätsprobleme machen sich schlimmstenfalls mit sinkender Motivation, übermäßigem Stress und gestörtem Kontakt zu den Schülern bemerkbar. Zum gefürchteten Burn-out ist es somit nur noch ein kleiner Schritt.
Lehrer Autorität
Die Schüler sollen zu freien, mündigen Menschen erzogen werden.
Diskussion über Autoritäten im ständigen Wandel
Nur folgerichtig also, sich während seiner Lehrerlaufbahn immer wieder diesem Diskussionsgegenstand zu widmen. Dabei versteht sich von selbst, dass dieser Diskurs ständigen gesellschaftlichen Veränderungen unterworfen ist. So bestand etwa in der Nachkriegszeit zunächst Einigkeit darin, Autoritäten niemals anzuzweifeln oder zu kritisieren. Im Zuge der sozialen Bewegungen in den späten 60er-Jahren kehrte sich dieser Ansatz jedoch ins komplette Gegenteil und gesellschaftlicher Konsens war fortan, Autoritäten mit einer gewissen Skepsis, wenn nicht gar Ablehnung, zu begegnen.
Heutiger Stand
Die heutige Erziehung hat sich in einem Spannungsfeld beider Anschauungen eingefunden, die versucht die Vorteile beider Denkschulen zu vereinen. Die Schüler sollen zu freien, mündigen Menschen erzogen werden. Die jungen Menschen werden längst nicht mehr mit dem Rohrstock motiviert, sondern mit klaren Regeln, Einfühlungsvermögen und auch über Anerkennung der erbrachten Leistungen.
Dabei drückt sich die Zuneigung der Lehrkraft gegenüber den Schülern eben nicht nur durch ein ständiges Loben über den grünen Klee aus. Vielmehr gehört zu einer verantwortungsvollen Erziehung auch, Vereinbarungen zu treffen und deren Einhaltung konsequent sicherzustellen.
Ein Schüler, der begreift, dass der Lehrer an der Tafel möchte, dass der Lernstoff tatsächlich verstanden wird, kann dessen Autorität leichter anerkennen.
Der Pädagoge ist am Schüler als Person und dessen Lernfortschritt im unterrichteten Fach interessiert und bleibt so in positiver Erinnerung – so wie Herr Häussler, Herr Schröder und Frau Zauner.