Klar ist: Hier steht der Staat als Arbeitgeber in der Pflicht, den Arbeitsbedingungen und der psychischen Gesundheit der etwa zwei Millionen im Lehrberuf beschäftigten Menschen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Denn darunter leiden nicht nur die Betroffenen, sondern auch das Bildungsniveau der Gesellschaft.

Die 2014 vom Aktionsrat vorgelegte Meta-Studie über Stress im Lehrberuf deckt besorgniserregende Entwicklungen auf. Zwar seien Lehrer überwiegend mit ihrem Beruf sehr zufrieden, doch jeder dritte Befragte gibt an, als Folge seiner Lehrtätigkeit unter chronischem Stress und psychischen Beeinträchtigungen zu leiden. [1]

Als mögliche Gründe dafür nennt die Studie [2]

– eine hohe Interaktionsdichte zwischen Lehrern und Schülern – vereinfacht gesagt, der tägliche intensive Kontakt zu einer Vielzahl von Schülern ist psychisch enorm anstrengend
– mangelnde Kooperation und fehlende gegenseitige Unterstützung im Kollegium
– die oft problematische oder fehlende Trennung zwischen Arbeit und Freizeit, da ein beträchtlicher Teil der Arbeit zu Hause bewältigt wird
– das schwindende Prestige des Lehrerberufs
– Mobbing

Experten-Tipps für Lehrer:

So können Sie Ihr Burnout-Risiko senken

Die Studie signalisierte schon vor drei Jahren Handlungsbedarf. In Verwaltung und Politik mahlen die Mühlen freilich langsam und bis Trainingsprogramme, Serviceeinrichtungen oder Supervisionsangebote für gestresste Pädagogen flächendeckend zur Verfügung stehen, kann einige Zeit vergehen. Da stellt sich die Frage: Was können Lehrer und Lehrerinnen selbst tun, um nicht in die Stressfalle zu tappen?

Als maßgebliche persönliche Faktoren des Belastungserlebens nennt der Pädagoge und Buchautor Dr. Thomas Poschkamp: [3]

– hohen Enthusiasmus
– übertriebenes Engagement
– unrealistische Zielsetzungen
– übertriebene Belohnungserwartungen

Natürlich braucht es engagierte, begeisterungsfähige Pädagogen im Lehrbetrieb – doch hier ist es wichtig, Grenzen ziehen zu können, um die eigenen Ressourcen nicht zu verfeuern. Ein wichtiger Widerstands- und Schutzfaktor gegen Burnout ist daher, Arbeit und Privatleben zu trennen, um genügend Zeit und Raum für Erholung und Entspannung zu finden. Der Psychologe und Autor Harald Haider [4] benennt vier „Autobahnen in den Burnout“ (auch als „innere Antreiber“ bekannt), die in der Vorgeschichte eines Burnouts häufig anzutreffen sind:

– Perfektionismus
– übertriebene Hilfsbereitschaft
– unrealistischer Idealismus
– nicht Nein sagen können

Hier muss jeder von Lehrstress Betroffene sich selbst fragen, wo es angebracht ist, Grenzen zu ziehen, um Belastungen zu reduzieren und Druck aus dem Berufsalltag zu nehmen. Haider empfiehlt außerdem, einen Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben zu schaffen und in der Freizeit die Lehrerrolle hinter sich zu lassen, um den Menschen hinter dem Lehrer nicht zu kurz kommen zu lassen. Sebastian Wolking, Redakteur der „Karrierebibel“, nennt als konkrete Maßnahmen:

– Arbeit und Freizeit strikt trennen und für die zu Hause erledigte Arbeit ein Arbeitszimmer oder zumindest eine Arbeitsecke einrichten.
– für die Arbeit zuhause feste Zeitvorgaben einrichten – und einhalten
– Erfahrungen als Lehrer in einem Notizbuch oder Tagebuch festhalten – das fördert die Verarbeitung und das Abstandnehmen zum Berufsalltag

Als hilfreich, um Widerstandskraft gegen Stress (Resilienz) zu erhöhen, haben sich außerdem erwiesen:

– regelmäßiges körperliches Training
– das Erlernen eines Entspannungsverfahrens (z.B. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga, Tai Chi, Achtsamkeitstraining, Meditation u.ä.)
– eine gesunde, aktive Lebensweise mit ausgewogener, vitaminreicher Ernährung und regelmäßigen Schlafzeiten von 7-8 Stunden
– oft Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen, ein stabiler Freundeskreis
– als sinnvoll und befriedigend empfundene Tätigkeiten außerhalb des Lehrberufs (Hobbys, Gartenarbeit, Musik etc.).

Eines ist in jedem Fall notwendig, wenn Sie Ihr persönliches Burnout-Risiko senken möchten: Nehmen Sie sich Zeit für sich selbst – zum Erholen und Entspannen, zum Genießen, für Spaß und positive, anregende Erfahrungen. Das ist nicht unproduktiv, sondern aktive Gesundheitsvorsorge, denn nur wenn Sie sich die Fähigkeit zur Entspannung erhalten (und auch nutzen!), bleibt Ihnen eine Tür aus der Dauerspirale von Überforderung und Frustration offen, die so oft zum Ausbrennen führt.

Quellennachweise:
1 – „Psychische Belastungen und Burnout beim Bildungspersonal“, zit. n.: Süddeutsche Zeitung: Höllenjob Lehrer
2 – Der Spiegel: Pädagogen-Burnout – So entkommen Lehrer der Stressfalle
3 – Poschkamp, Thomas: Ausgebrannt! Burnout erkennen, heilen, verhindern, Reihe H.E.L.P. (Hilfe für Eltern, Lehrer, Pädagogen), Verlag Ferdinand Schöningh
4 – Burnout Prävention im Lehrerberuf von Harald Haider

Genderhinweis

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Wir legen großen Wert auf Diversität und Gleichbehandlung. Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Texte wählen wir jedoch oftmals entweder die maskuline oder die feminine Form. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung anderer Geschlechter. Wenn wir also beispielsweise von Lehrern und Schülern sprechen, meinen wir selbstverständlich auch Lehrerinnen und Schülerinnen.
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