Dienstunfähig aufgrund psychischer Erkrankung 
Wie wissenschaftliche Studien ergeben haben, leidet mehr als jeder Dritte in Deutschland innerhalb eines Jahres unter einer psychischen Störung. Untersucht wurden hier Depressionen, Suchterkrankungen und Belastungsreaktionen, wie zum Beispiel einem Burnout. Etwa 40 % aller Frührentner leiden somit unter einer psychischen Erkrankung und auch für die vorzeitige Dienstunfähigkeit bei Beamten steht diese Diagnose an der ersten Stelle.
Um die durch Dienstunfähigkeit entstehenden hohen Kosten wenn möglich zu vermeiden, werden Anwärter vor der Verbeamtung von einem Amtsarzt untersucht. Bei den Beamtenanwärtern kann eine psychische Störung durchaus vor der Verbeamtung vorgekommen sein, doch darf eine Psychotherapie generell Auswirkungen auf die Verbeamtung haben?

Kennen Sie die Öffnungsklausel der privaten Krankenversicherung?
Die Aufnahme für einen Beamten in die PKV (zur Ergänzung der Beihilfe) ist abhängig vom Gesundheitszustand der versicherten Person(en). Für Personen mit Vorerkrankungen, welche üblicherweise einen hohen Risikozuschlag erfordern oder aber den Abschluss verhindern, bieten die meisten privaten Krankenversicherer eine sogenannte „Öffnungsaktion“. Die Teilnahme an dieser Öffnungsaktion ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen gebunden und machen nicht bei jeder Vorerkrankung Sinn. [Weiterlesen]

Grundsätzlich vor der Verbeamtung die Eignung nachweisen

Jeder Anwärter auf einen Beamtenposten muss vor der Verbeamtung seine Eignung auch gesundheitlich nachweisen. Doch diese Eignung darf nur für die Zukunft gelten. Alles, was in der Vergangenheit gesundheitlich abgeschlossen wurde, darf hier keine Verwendung finden. Trotzdem werden immer wieder amtsärztliche Untersuchungen nur pauschal durchgeführt und die Amtsärzte stützen sich auch häufig auf die Vorgeschichte des Beamtenanwärters.
Dieses Vorgehen führt dann auch zu Zweifeln, ob der Beamte die Dienstzeit bis zum Ende durcharbeiten kann oder ob er vorher aufgrund von Dienstunfähigkeit ausscheidet.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 
Mit dem Urteil vom 30.10.2013 des Bundesverwaltungsgerichts (Az: 2 C 16/12) wurde dies geändert. Dies besagt, dass der bloße Zweifel, den ein Dienstherr aufgrund einer Untersuchung durch den Amtsarzt an dem zukünftigen Gesundheitszustand eines Beamtenanwärters hegt, nicht mehr ausreicht.
Laut diesem Urteil müssen tatsächliche Anhaltspunkte gegeben sein, dass der Anwärter regelmäßig wegen einer Krankheit ausfallen wird und unter Umständen in die vorzeitige Dienstunfähigkeit rutschen könnte. Dies heißt im Umkehrschluss allerdings nicht, dass ein psychisches Problem eines Beamtenanwärters nun gar keine Auswirkung mehr auf die Verbeamtung haben kann.

Das ärztliche Gutachten muss umfangreicher sein 
Leidet ein Beamtenanwärter unter einer psychischen Störung oder war er in den Vorjahren schon einmal in einer Psychotherapie, so sagt dies im Grunde noch nichts darüber aus, ob er in der Zukunft nicht doch gesund ist und seinen Beamtenjob bis zum Ende ausführen kann. Bislang wurde es so ausgelegt, dass ein psychisch kranker Mensch auch in der Zukunft weiter darunter leidet und dies der Arbeitskraft nicht förderlich ist. Daher wurden diese Beamtenanwärter für eine Verbeamtung meist abgelehnt.
Doch ein Burnout zum Beispiel oder eine Suchterkrankung heißt nicht, dass diese, wenn sie in der Vergangenheit einmal vorgekommen ist, auch in der Zukunft weiter bestehen wird. Nach der neuesten Rechtsprechung muss deshalb vom Dienstherrn nachgewiesen werden, dass ein erneutes Auftreten der Krankheit sicher ist, bevor er die Verbeamtung ablehnen kann. Daher müssen heute auch die Untersuchungen beim Amtsarzt viel ausführlicher durchgeführt werden, da der Dienstherr sich hierauf in seiner Entscheidung stützen muss. Gute Chancen hat ein Beamtenanwärter nun auch, wenn er eine Ablehnung durch das Verwaltungsgericht prüfen lassen will, denn die Gerichte können hierzu eigene Gutachten vor ihrer Entscheidung in Auftrag geben.

Nicht immer wird zu Gunsten der Beamtenanwärter entschieden

Doch die Beamtenanwärter können sich jetzt nicht ohne Weiteres darauf berufen, dass eine gesundheitliche Nichteignung nicht vorliegen würde. Was heißt, liegt noch keine Bestätigung auf eine gesundheitliche Eignung vor, kann der Dienstherr die Probezeit so lange verlängern, bis er alle medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um den Beamtenanwärter auf seinen gesundheitlichen Zustand zu überprüfen. Dies besagt auch das Urteil vom 21.01.2016 des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Az: 4 S 1082/14).
So ändert sich die grundsätzliche Rechtslage, ein Beamtenanwärter muss über ein Gutachten seine zukünftige Gesundheit nachweisen, nichts. Andererseits ist es auch nicht grundsätzlich gegeben, dass eine frühere Erkrankung in der Zukunft wieder aufflammen muss. Das heißt, wer einmal unter einer Depression gelitten hat, muss nicht zwangsläufig nach wenigen Jahren wieder daran erkranken. Dies besagt auch das Verwaltungsgericht Köln in seinem Urteil aus dem Jahr 2014 (Az: 19 K 2022/14).

Jeder Fall muss einzeln geprüft werden
Daher ist jeder Fall einzeln zu prüfen und kann nicht pauschalisiert werden. So stehen Beamtenanwärtern, die vor der Verbeamtung einmal unter einer psychischen Störung, wie zum Beispiel einer Depression oder einem Burnout gelitten und sich aus diesem Grund in eine psychiatrische Behandlung begeben haben, viele Möglichkeiten offen. Wurde Ihnen durch den Dienstherrn der Eintritt in das Beamtenverhältnis aus diesem Grund verweigert, dann können Sie dies über andere Gutachten widerlegen. Denn ein Beamtenanwärter darf heute nur noch abgelehnt werden, wenn konkret belegt werden kann, dass eine vorzeitige Dienstunfähigkeit hundertprozentig abzusehen ist. Diese Beweislast unterliegt dem Dienstherrn. Kann er dies nicht nachweisen, kann gegen eine Ablehnung zum Eintritt in das Beamtenverhältnis erfolgreich durch den Beamtenanwärter vorgegangen werden. Denn nur, dass eine psychische Erkrankung in der Vergangenheit vorgelegen hat, heißt nicht, dass dies automatisch ein Ausschlussgrund aus dem Beamtenverhältnis sein kann. Im Gegenteil kann eine erfolgte Psychotherapie sogar positiv gewertet werden, da der Beamtenanwärter Kompetenzen für die eigene Lebensbewältigung entwickelt hat. Ebenso wird in einer Therapie die Erkrankung in der Regel erfolgreich behandelt, sodass diese in der Zukunft meist nicht noch einmal auftritt.

Genderhinweis

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Wir legen großen Wert auf Diversität und Gleichbehandlung. Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Texte wählen wir jedoch oftmals entweder die maskuline oder die feminine Form. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung anderer Geschlechter. Wenn wir also beispielsweise von Lehrern und Schülern sprechen, meinen wir selbstverständlich auch Lehrerinnen und Schülerinnen.
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